Wirtschaftskreislauf: Grundlagen

Wirtschaftskreislauf: Grundlagen
Wirtschaftskreislauf: Grundlagen
 
Wären wir alle Selbstversorger, so würden keine Güter getauscht werden, es gäbe keine Geldströme, es gäbe keinen Wirtschaftskreislauf. Mit der in modernen Industriegesellschaften zunehmenden Arbeitsteilung wächst auch der Umfang des Wirtschaftskreislaufs. Dieser Kreislauf umfasst die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Beziehungen, bei denen Wirtschaftsobjekte (Güter, Forderungen) mit (Tausch) oder ohne Gegenleistung (Transfer, Schenkung) von einem Wirtschaftssubjekt (Unternehmen, private und öffentliche Haushalte) auf ein anderes übergehen.
 
 Historische Wurzeln
 
Die Ursprünge der Betrachtung eines Wirtschaftskreislaufs gehen auf den Begründer der Physiokratie, François Quesnay (1694 -1774), zurück, der durch den menschlichen Blutkreislauf inspiriert war. Der französische Volkswirt und Leibarzt Ludwigs XV. trat für die Verwirklichung einer natürlichen Selbstregulierung der Wirtschaft ein. In seinem Hauptwerk »Tableau économique« stellt er das erste Modell eines geschlossenen ökonomischen Kreislaufs dar, das später u. a. von Karl Marx (1818-1883) aufgegriffen wurde, um die Frage nach der Reproduktion des Kapitals zu klären. Die moderne Kreislaufanalyse hat ihre wesentlichen Elemente John Maynard Keynes (1883- 1946) zu verdanken. Seine Arbeiten zeigen, dass eine systematische Beschreibung der gesamtwirtschaftlichen Kreislaufzusammenhänge in Zahlen eine wichtige Grundlage für die Diagnose der konjunkturellen Lage und die Beurteilung des wirtschaftspolitischen Mitteleinsatzes darstellt.
 
 Zweck der Kreislaufanalyse
 
Es ist unmöglich, alle wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Wirtschaftssubjekten zu erfassen und überschaubar darzustellen. Um eine Übersicht über die wirtschaftlichen Verflechtungen zu ermöglichen, müssen gleichartige oder ähnliche Wirtschaftssubjekte zu Sektoren zusammengefasst werden. Ziel der Kreislaufanalyse ist somit, das ökonomische Geschehen sinnvoll zu Sektoren zusammenzufassen und die Beziehungen zwischen diesen Sektoren zu analysieren. Die Kreislaufanalyse besitzt eine besondere Bedeutung für die Makroökonomie und die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR).
 
 Der einfache Wirtschaftskreislauf
 
Ein sehr einfaches Kreislaufmodell unterscheidet lediglich den Sektor der privaten Haushalte und den Sektor der Unternehmen. In diesem Kreislaufmodell ergeben sich ein Geldkreislauf und ein Güterkreislauf. Der Staat nimmt in dieser Vereinfachung nicht am wirtschaftlichen Geschehen teil. Es gibt keine ökonomischen Beziehungen zum Ausland, es wird demnach eine geschlossene Wirtschaft betrachtet. Weiter wird vereinfachend angenommen, dass die privaten Haushalte nicht sparen. Ein Teil der Personen privater Haushalte arbeitet in den Unternehmen; für ihre Arbeitsleistung erhalten sie Einkommen. Einige der privaten Haushalte geben auch Kapital an Unternehmen, beispielsweise durch den Kauf von Aktien oder Anleihen. Vielleicht stellen sie auch Gebäude sowie Grund und Boden zur Verfügung. Für diese Leistungen erhalten sie ebenfalls Einkommen in Form von Zinsen, Dividenden, Pacht oder Miete. Es fließt somit ein Güterstrom (Arbeit, Boden, Kapital) von den privaten Haushalten zu Unternehmen. In der Gegenrichtung fließt ein Geldstrom in Form von Einkommen von den Unternehmen an die privaten Haushalte. Dieses Einkommen wird von den Haushalten wieder für Güter und Dienstleistungen ausgegeben, die von den Unternehmen angeboten werden. Das heißt, es fließt ein Geldstrom zurück zu den Unternehmen und ein Güterstrom zu den Haushalten.
 
 Erweiterter Wirtschaftskreislauf
 
Im erweiterten Wirtschaftskreislauf werden neben privaten Haushalten und Unternehmen auch der Staat, Finanzunternehmen und das Ausland berücksichtigt. Die äußerst vielfältigen Ströme einer modernen offenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität können ebenfalls in einem Kreislaufschema dargestellt werden. Zu den Verflechtungen des Finanzsektors mit den anderen Sektoren zählt beispielsweise die Geldanlage privater Haushalte bei Banken und Sparkassen, wofür die Haushalte Zinsen erhalten. Unternehmen nehmen Kredite auf, um eine neue Maschine zu finanzieren. Der Staat verschuldet sich durch die Ausgabe von Anleihen bei privaten Haushalten und zahlt dafür Zinsen. Der Staat erhält Zwangsabgaben in Form von Steuern. Er bietet den privaten Haushalten Transferleistungen, etwa im Rahmen der Sozialhilfe. Der Sektor Ausland erbringt Dienstleistungen, möglicherweise in Form touristischer Serviceleistungen. Private Haushalte kaufen im Ausland Güter, etwa Autos oder Souveniers. Auch Unternehmen erwerben im Ausland Güter, z. B. Rohstoffe. Kreditinstitute vergeben etwa Kredite an Unternehmen im Ausland oder an Staaten, sie erhalten dafür Zinsen. Der Staat importiert Waren, z. B. für die Armee. Der Sektor Ausland besteht dabei aus der Zusammenfassung aller ausländischen Wirtschaftssubjekte.

Universal-Lexikon. 2012.

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